CES 2016 – die helle und die dunkle Seite der Macht

UHD Blu-ray kommt im Frühjahr,
TVs bleiben hinter den Erwartungen zurück

Die Consumer Electronics Show in Las Vegas (kurz CES) stellt seit Jahrzenten den alljährlichen Nabel der Unterhaltungselektronik (UE) dar. Besonders der Bereich der klassischen UE, sprich Bild und Ton, ist traditionell ein gigantisches Messethema in der Wüstenmetropole und so gut wie jede Innovation der letzten Jahrzehnte, vom Videorecorder, über die Trinitron-Bildröhre, den Flachfernseher, bis hin zu CD, DVD und Blu-ray, erblickte in Nevada erstmals das Licht der Öffentlichkeit.
Leider ist aber bereits seit einigen Jahren zu beobachten, dass sich der Fokus der Veranstaltung immer mehr verschiebt – von der ehemaligen Präsentation neuer Geräte, die kurz vor der Markteinführung stehen, eher hin zu einem technologischen Schwanzlängenvergleich der Big-Player einerseits (Wer hat den flachsten Fernseher, die größte Bilddiagonale, die höchste Auflösung?) bis hin zur Verwässerung des Grundthemas Unterhaltungselektronik mit Weißware (Kühlschränke, Waschmaschinen, usw.) und sogar Automobilen andererseits.
Zudem geht der gesamte Markt der UE immer mehr weg von „Was fasziniert und bringt dem Kunden bessere Qualität?“ und mehr hin zu „Wie können wir dem Kunden, ohne große technische Erklärungen, dafür aber mit vielen irreführenden Marketingfloskeln (wie z.B. „SUHD“), heute möglichst schnell möglichst viel Geld aus der Tasche ziehen, und morgen am besten gleich erneut?“
Es wird sich so sehr auf das Niveau des Massenmarktes herabgelassen, dass dieser immer mehr von „doofen Produkten für doofe Kunden“ überschwemmt und diesen Wasser als Wein verkauft wird.
Dieses Jahr war all das gefühlt schlimmer denn je, wurde doch ausgerechnet eine Samsung Soundbar mit Dolby Atmos als eine DER technischen Innovationen der Messe gefeiert – darüber können Freunde echten Heimkinos nicht einmal müde lächeln!

Für den informierten Heimkinofreund verkam die lang und heiß ersehnte Ultra HD Blu-ray (UHD BD) so denn schon fast zur Messe-Randnotiz und man musste im Gewirr von massenwirksamen Schlagworten wie „App-Steuerung“, „Smart-TV“, „Internet of Things“, „Action-Cams“, usw. schon tief graben, um an Informationen zum neuen Format zu gelangen.
Aber es gab sie:

Die UHD BD Zahlen, Daten & Fakten

Samsung macht den Hardware-Auftakt mit einem „Billigplayer“.


Panasonic zieht später im Jahr mit einem THX-zertifizierten Premium-Modell nach.

  • offizieller Start ab Ende Februar / Anfang März in den USA
  • erster Player von Samsung für UVP $ 499,- (Straßenpreis $ 399,-) zum o.g. Termin
  • Sony und Panasonic stellen zwar Player in Aussicht (Panasonic sogar mit THX-zertifikat), jedoch noch ohne Termin und Preis
  • die ersten Player werden 2x HDMI besitzen (1x für Bild, 1x für Ton)
  • Sony, Fox, Warner und Lionsgate werden zum Start mit Filmen vertreten sein, u.A. mit „The Martian“, „San Andreas“, „Mad Max: Fury Road“ und „The Maze Runner“, sowie einigen Katalogtiteln, alle in 4k und HDR, sowie mit DCI/P3-Farbraum
  • Fox und Sony bieten Dolby Atmos-Ton exklusiv auf UHD-BD an, normale Blu-rays werden maximal 7.1-Sound bieten (Ausnahmen wie der kürzlich veröffentlichte, remasterte  „Bram Stoker’s Dracula“ werden die Regel ggf. weiterhin bestätigen) – auch DTS:X wird bei zukünftigen Titeln Beachtung finden
  • wie es momentan aussieht, wird jeder UHD-BD auch eine normale (2D-) BD beiliegen, was das Upgraden erleichtern soll
  • 3D-Fans kommen bei der UHD-BD nur bedingt auf ihre Kosten, es gibt bisher keinen 3D UHD BD Standard und sollte dieser irgendwann folgen (was in den Sternen steht), so werden dafür abermals neue Player und Displays erforderlich sein – allerdings ist auf den UHD-BDs immerhin 3D in Full-HD (wohl aber mit erweiterten Farbräumen und höherer Farbtiefe) möglich, wenn auch ohne HFR (von z.B. „The Hobbit“)
  • preislich liegen UHD BDs in den USA offiziell bei knapp $ 40,-, allerdings pendeln sich die Straßenpreise bei Amazon.com & Co. gerade auf $ 25,- bis $ 30,- ein, was in etwa den aktuellen Preisen für 3D Blu-ray Discs entspricht
  • UHD BD wird den H.265-Codec nutzen, sowie 10 Bit Farbtiefe und Farbräume bis hin zu REC/BT.2020 unterstützen (welcher selbst in Kinos aber bisher kaum genutzt wird, weshalb sich vorerst DCI/P3 als Standardfarbraum etablieren dürfte, auch wenn dieser im Kino 12 Bit Farbtiefe besitzt)
  • UHD BD-Player werden abwärtskompatibel zu normalen HD-Displays sein – inwieweit Farbraum und Farbtiefe hier erhalten bleiben können ist noch nicht klar und kann auch vom jeweiligen Player abhängen
  • UHD BD-Player werden auch normale Blu-rays und DVDs abspielen können, nicht jeder UHD BD-Player wird aber auch 3D Blu-rays abspielen können, dies hängt von Modell und Hersteller ab
  • „Digital Bridge“-Funktion, um UHD-Inhalte auf externe Festplatten, sowie Smartphones, Tablets, usw. kopieren zu können (selbstverständlich durch eine Art DRM geschützt)
  • drei Disc-Größen sind speicherplatztechnisch vorgesehen 50GB mit 82 Mbit/s, 66GB mit 108 Mbit/s und 100GB mit 128 Mbit/s Datenrate
  • kein Regionalcode – alle Filme laufen auf allen Playern
  • ein sog. „Enhancement Layer“ ermöglicht zukünftige Erweiterungen, wie z.B. Dolby Vision, höhere Bit-Tiefe, usw. und stellt gleichzeitig die Abwärtskompatibilität sicher
  • vager Termin für den Deutschlandstart: April 2016 (nicht bestätigt)


Eine der ersten und am meisten erwarteten UHD-BDs wird „The Martian“ von Fox sein.

Angesichts der o.g. Features, Möglichkeiten und Anforderungen sollte man nun davon ausgehen, dass uns die Hersteller dieses Jahr mit Fernsehern und Projektoren beglücken, die auch von sämtlichen Neuerungen profitieren können – leider mitnichten!
Es wurde zwar fadenscheinig ein neues „Ultra HD Premium“-Label für Fernseher eingeführt, welches auch in der Tat über 90% der letztjährigen UHD-Fernseher nicht erreichen würden, dennoch klaffen bei genauerem Hinsehen eklatante Lücken in dessen Anforderungskatalog.

Die Ultra HD Premium Spezifikationen


Dieses Logo soll dem Kunden Sicherheit vermitteln – berechtigt oder unberechtigt?

  • 3840×2160 Pixel:
    CHECK, dies bieten alle UHD-TV, anderenfalls wären sie keine UHD-TVs!
  • 10 Bit Farbtiefe:
    Viele 2015er UHD-TVs dürften dies packen, ist HDR doch schon seit letzten Jahr zumindest Thema, dennoch sprechen sich viele Industrie-Insider für 12 Bit aus, was z.B. Dolby mit Dolby Vision HDR auch umsetzt.
  • Farbräume bis hin zum REC/BT.2020 Farbraum müssen als Inputsignal verstanden werden:
    Soweit so gut…
  • Das Display muss mindestens 90% des DCI-Farbraums darstellen können:
    So weit war Panasonic schon im Jahr 2013 mit seinen damaligen   Full-HD-Plasma-TVs! Wenn die UHD-TVs diesen Jahres noch nicht einmal den vollen DCI/P3-Farbraum darstellen können, resultiert dies am Ende grundsätzlich in Falschfarben bei UHD-BDs. Da tröstet es wenig, dass der vorherige Punkt vorschreibt, dass sogar BT.2020 verstanden (und dann auf max. 90% DCI/P3 heruntergerechnet) werden muss.
    Die uninformierte Masse dürfte dies zwar nicht großartig stören, der Bildgourmet wird sich jedoch fragen, was er mit so einem Gerät anfangen soll – und besser noch mindestens 1-2 Jahre mit einer Neuanschaffung warten.
  • HDR nach SMPTE ST2084 EOTF Standard, auch HDR 10 oder Open HDR genannt:
    Der definierte Standard für zu Hause, gut so – auch wenn mit Dolby Vision bereits ein ernstzunehmender (und deutlich potenterer) Konkurrent in den Startlöchern steht (der, im Gegensatz zu HDR 10, allerdings Lizenzgebühren kostet)!
  • HDR-Mindest-Helligkeitsvorschriften in zwei „Geschmacksrichtungen“:
    1) 1000 Nits Spitzenhelligkeit und weniger als 0.05 Nits Schwarzwert (für LED-TVs)
    oder
    2) 540 Nits Spitzenhelligkeit und weniger als  0.0005 Nits Schwarzwert (für OLED-TVs)
    1 Nit = 1 cd/m² (Candela pro Quadratmeter).
    Zur Information: Die volle Heim-HDR-Planung geht bis hin zu Werten von 10.000 Nits!

Diesjährige TVs werden der UHD-BD nicht gerecht

Die „UHD Premium“-Zertifizierung kratzt daher allenfalls an der Oberfläche der technischen Möglichkeiten.
Wirklich „premium“ ist daran somit eigentlich nichts.
Es dürfte daher nur eine Frage der Zeit sein, bis sie erneut durch eine Art „UHD Ultimate“-Zertifizierung (o.Ä.) abgelöst wird – wenn nicht bis dahin schon alle Welt von 8k spricht.

Dies liegt allerdings nur zum Teil an der vermeintlichen Unfähigkeit der Hersteller, sondern eher am derzeitgen „Stand der Technik“:
Es ist aktuell (noch) sehr schwierig, Displays mit intensiveren Grundfarben zu konzipieren. Technische Lösungen wie „Nano Crystal“ / „Quantum Dot“ bieten hier Ansätze, allerdings muss zunächst noch mehr Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet werden, was Zeit und Geld kostet.
Ähnlich sieht es in Sachen Helligkeit aus:
Natürlich erwartet man als Konsument, dass ein Gerät am besten alles leistet und dabei nichts an Strom verbraucht.
Ein LED-Gerät mit 10.000 Nits Spitzenhelligkeit würde allerdings derzeit noch mehrere Hundert Watt verbrauchen, ein OLED würde zudem schmelzen.

Vieles noch offen

Vielversprechend ist Dolby Vision, welches Spitzenhelligkeiten von bis zu 10.000 Nits unterstützt, sowie 12 Bit Farbtiefe und den REC.2020 Farbraum. Dieses soll auch in der Tat zu einem späteren Zeitpunkt in den UHD BD Standard integriert werden.
Ob dafür dann erneut neue Player erforderlich sind oder dies per Software nachgerüstet werden kann, steht ebenso in den Sternen, wie ein Termin oder erste Titel.

Die kommenden LG OLEDs diesen Jahres werden hingegen schon jetzt die ersten TVs auf dem europäischen Markt sein, die Dolby Vision zertifiziert sind, auch wenn sie noch weit von den 10.000 Nits entfernt sein werden, so darf man gespannt sein, ob sie bereits den vollen REC.2020-, oder mindestens DCI/P3-Farbraum unterstützten werden.
Erste Dolby Vision Inhalte soll es über Streamingplattformen wie Netflix oder Vudu geben, auch hier sind genaue Termine aber noch offen.
Im (guten) Kino ist Dolby Vision schon länger vertreten, mehr Infos dazu hier und hier.

Die anderen TV-Hersteller hielten sich mit konkreten technischen Ankündigungen ungewohnterweise vornehm zurück (außer das dass alle bekräftigten, dass ihre diesjähren TVs natürlich den neuen Ultra HD Premium Specs entsprechen würden, was aber, wie gesagt, bei Licht besehen nichts Besonderes ist) und konzentrierten sich auf andere Themenbereiche abseits von TV und Heimkino – fast konnte man den Eindruck gewinnen, dass sie selber erst noch abwarten wollen, wie sich mit dem Start der UHD-BD der Markt weiter entwickelt.
Ein Armutszeugnis und eine Chance für LG!
Immerhin Sony zeigte den Prototypen eines 10.000 Nits Fernsehers als „Proof of Concept“.

Letztendlich brachte die diesjährige CES für echte Heimkinofreunde neben einigen Antworten auch viele neue Fragen mit sich, stellte aber auch neue technische Entwicklungen mit viel Potenzial (wie z.B. Dolby Vision) in Aussicht.
Die UHD-BD wird, noch mehr als seinerzeit die Blu-ray, wohl als Bananenware auf den Markt kommen und erst im Nachhinein langsam beim Kunden zu dem reifen, was sich alle von ihr wünschen:
Dem ultimativen Heimkinoerlebnis, das technologisch wieder weitestgehend zu Premium-Kinos wie den Dolby Cinemas aufschließt.
Waren wir’s ab!