Ultra-D: Neue Hoffnung auf 3D ohne Brille?

Technologie angeblich kurz vor der Marktreife

Ultra-D Display

Bisher hat das Thema 3D den Massenmarkt zu Hause nicht erreicht.
Zwar sind dreidimensionale Bilder im Kino noch immer ein Zugpferd und Heimkinofreaks freuen sich darüber, dank Blu-ray 3D und entsprechend ausgestatteter Fernseher und Beamer auch zu Hause in die dritte Dimension abtauchen zu können, ganze 3D-Abende mit der Familie, die eher die Regel als die Ausnahme darstellen, sind jedoch eher nicht das, was man als wünschenswert erachtet.
Einen wesentlichen Grund dafür stellen die Brillen dar, die nach wie vor nötig sind, damit sich der Eindruck von Räumlichkeit auch einstellt. Eine brillenlose 3D-Technologie, die mindestens dieselbe Qualität bietet, wie derzeitige Lösungen mit Brille, würde das Thema 3D auch zu Hause neu beleben und könnte gar das Fernsehen revolutionieren. Denn neben der Unbequemlichkeit, eine (zusätzliche) Brille tragen zu müssen, ist es oft auch der „Scheuklappeneffekt“, der dem gemeinsamen 3D-Film- oder Fernsehabend derzeit im Wege steht.

3D ohne Brille ist ein Thema, an dem schon seit Längerem geforscht wird. Tatsächlich begenet es einem bereits seit fast 20 Jahren auf jeder größeren Messeveranstaltung, von der CES bis zur Cedia und von der CeBit bis zur IFA. Jedes Jahr locken diverse kleine wie große Unternehmen den geneigten Messebesucher, den angeblichen Durchbruch in Sachen „3D ohne Brille“ zu bestaunen – und jedes Mal folgt die Ernüchterung auf dem Fuße: Die Bilder sind unscharf, sehen verformt, wie durch eine Lupe betrachtet, aus, von HD keine Spur. Und die Darstellung weist einen deutlichen „Schwabbeleffekt“ auf, sobald man sich auch nur minimal vor dem Bildschirm bewegt.

Dabei ist brillenloses 3D mittlerweile relativ einfach zu realisieren – solange nur EIN Betrachter auf das Bild schaut, der idealerweise mittig davor steht. Das polulärste Beispiel für den Einsatz dieser Technologie ist wohl Nintendos tragbare Spielkonsole 3DS. Sie macht sich die Idee des Einsatzes eines optischen Filters, in diesem Fall einer sogenannten Parallaxebene, vor dem eigentlichen LCD-Bildschirm zunutze: Diese schattet für das Linke Auge genau die Pixel ab, die nur für das rechte Auge bestimmt sind, und umgekehrt. Dadurch entsteht ein durchaus überzeugender 3D-Effekt – für EINE Person, die sich innerhalb eines definierten Abstands und Blickwinkels befindet. Sogar gegen leichte Bewegungen des Kopfes ist die Technologie immun.

3DS
Funktionsprinzip des Nintendo 3DS-Displays

Im gemeinen Wohnzimmer, auf Veranstaltungen und überall dort, wo mehrere Menschen gleichzeitig aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf ein Display schauen, ist diese Technologie allerdings so nicht einsetzbar. Diverse Display-Hersteller versuchen deshalb, die Grundidee, dass bestimmte Pixel nur aus bestimmten Winkeln sichtbar sind und aus anderen nicht, zu skalieren, sprich, auf mehrere mögliche Blickwinkel gleichzeitig zu erweitern. Dafür ist eine feinere Pixelstruktur, sowie ein feinerer Aufbau des davorliegenden optischen Filters notwendig. Dieser Filter kann entweder, wie beim Display des 3DS, aus einer Parallaxbarriere, oder auch aus Mikrolinsen bestehen, die das Licht der Pixel nur in bestimmte Richtungen bündeln.
Beide Ansätze kommen in Prototypen unterschiedlicher Hersteller zum Einsatz. Und die Firma Toshiba machte aus der Kernidee der Linsentechnologie im Jahr 2012 sogar ein Serien-Fernsehgerät das im Zusammenspiel mit einer eingebauten Kamera bis zu 9 gleichzeitige Blickwinkel für brillenloses 3D ermöglichte. Das Ergebnis war allerdings einmal mehr enttäuschend und brachte dem Gerät extrem negative Presse ein.
Zwar bot der 55″-Fernseher mit seinem 4k-Panel (3840×2160 Pixel) auf dem Papier allerneueste Technik, in der Praxis beschränkte sich die sichtbare 3D-Auflösung pro Perspektive allerdings auf 1280×720 Pixel, also einem Sechstel der Panelauflösung. Zudem hatte die dreidimensionale Darstellung nach wie vor mit dem eingangs beschriebenen „Schwabbeleffekt“ zu kämpfen und je mehr Zuschauer gleichzeitig vor dem Gerät saßen (1-9), desto genauer mussten sie im Verhältnis zueinander sitzen, ansonsten brach für mindestens einen von ihnen der 3D-Effekt zusammen. Seinen Verkaufspreis von satten 7000,- Euro konnte das 55ZL2 getaufte Gerät damit nicht rechtfertigen und verschwand bereits nach kurzer Zeit ohne Nachfolgemodell wieder in der Versenkung – und mit ihm das Thema 3D ohne Brille.

logo_ultra-d

Neuer Hoffnungsträger Ultra-D

Seit ca. einem Jahr geistert allerdings ein neuer Hoffnungsträger durch die Branche: Die Ultra-D-Technologie des in Philadelphia (USA) ansässigen Unternehmens Stream TV Networks, mit Forschungs- und Entwicklungsabteilung im niederländischen Eindhoven.
Die Verbindung zu den Holländern kommt nicht von ungefähr, macht man sich hier doch Grundlagenforschungen des Philips-Konzerns zunutze, der das Thema brillenloses 3D ebenfalls bereits 2009 auf der IFA Berlin groß präsentierte.
Waren die gezeigten Resultate dort seinerzeit noch, gelinde ausgedrückt, bescheiden, so trieb man die Entwicklung dennoch voran und hat mittlerweile offenbar große Fortschritte gemacht. Neben Ultra-D nutzt heute auch noch Dolby die von Philips gewonnenen Erkenntnisse für die Entwicklung seines eigenen brillenlosen Heim-3D-Konzeptes.

In der Praxis soll der derzeitige Stand von Ultra-D allerdings am meisten überzeugen, selbst üblicherweise skeptische Mitglieder des weltweit sehr angesehenen US-AV-Forums www.avsforum.com, die die Technologie bereits anhand von so gut wie serienreifen Prototypen begutachten durften, sprechen von einem „überraschenden“, „sehr natürlichen“, überaus realistischen“, „entspannten“ und „scharfen“ 3D-Erlebnis.
Wie genau das Gesamtpaket funktioniert, darüber schweigt sich StreamTV Networks verständlicherweise aus, ein paar Informationen konnte ich dennoch zusammentragen:
Der Technik zugrunde liegt ein LCD-Display mit 4k-Auflösung, bei dem allerdings auch jeder Sub-Pixel einzeln für die Darstellung genutzt wird (sog. Sub-Pixel-Controlling), was die theoretisch darstellbare Auflösung um bis zu weitere 30% steigern kann. Die darstellbare Tiefe von aus dem Bildschirm heraus- oder in ihn hineinragenden Objekten wurde im Vergleich zum „Brillen-3D“ reduziert, was für eine natürlichere Wahrnehmung sorgen und Unschärfen vermeiden soll.

Ultra-D Aufbau

Aufbau eines Ultra-D-Displays

Das eigentliche Betriebsgeheimnis stellt wohl die Art des eingesetzten optischen Filters dar – ich vermute (!) hier eine spezielle Art von Parallaxebene, die, im Zusammenspiel mit dem sub-
Pixel-kontrollierten 4k-Panel, lt. Hersteller einen begeisterungsfähigen 3D-Effekt mit Full-HD-Auflösung aus nahezu jeder Perspektive bis hinzu 120°, bei heimüblichen Distanzen, ermöglichen soll.

500x284px-LL-580110bd_Ultra-D-Light-Field-900

Das Versprechen: brillenloses Full-HD-3D aus nahezu allen Blickwinkeln

Ultra-D, bzw. Stream TV Networks, wird allerdings selber keine Displays auf den Markt bringen, sondern die Technologie lizensieren. Angeblich befindet man sich bereits in Verhandlungen mit diversen chinesischen, wie auch japanischen TV-Herstellern, die Interesse geäußert haben.
Wenn alles glatt läuft, könnte man mit den ersten Seriengeräten somit sehr wahrscheinlich schon Ende diesen / Anfang kommenden Jahres rechnen dürfen.
Ich kann es kaum erwarten, mich selber von der Qualität von Ultra-D überzeugen und dann erneut davon berichten zu können.

Ultra-D brillenloses 3D von Stream TV Networks