Dolby Atmos kommt ins Heimkino (Update!)

Echter 3D-Surround-Sound bald auch zu Hause

AtmosHome

Es war weniger eine Frage des „Ob“, als vielmehr eine Frage des „Wann“: Dolbys neueste Surround-Technologie-Errungenschaft, die 2012 in ersten Kinos eingeführt wurde, findet bereits gute zwei Jahre später den Weg ins Heimkino – so schnell hatte selbst ich dies nicht erwartet.

Für Heimkino-Enthusiasten ist dies zweifellos erstmal eine gute Nachricht – zumal zur Wiedergabe der ab Herbst auf den Markt drängenden, mit Dolby Atmos Soundtracks ausgestattetern Blu-ray Discs noch nicht einmal neue Player-Hardware nötig sein wird, denn laut Dolby werden sämtliche Blu-ray Disc-Player, „die zu 100% den Spezifikationen entsprechen“,  in der Lage sein, die neuen Scheiben abzuspielen. Die Decodierung auf die zu Hause unterstützte Kanalzahl (von 2.0 Stereo bis 11.1 Surround) erfolgt offenbar im Player und wird dann als Dolby True-HD-Datenstrom per HDMI an den AV-Receiver/Verstärker geschickt. Somit sind Blu-ray Discs mit Dolby Atmos Tonspur (exakt wie im Kino) zu 100% abwärtskompatibel zu sämtlichen „kleineren“ Lautsprecherkonfigurationen, inkl. 5.1 und 7.1.
Auch bei Video-On-Demand-Anwendungen (konkret wurde hier z.B. Netflix genannt, die ab September auch in Deutschland ans Netz gehen werden) soll das neue Soundsystem zum Einsatz kommen, da als „Trägersystem“ ebenfalls das datenratenschonendere Dolby Digital Plus fungieren kann.

Will man allerdings in den Genuss des Hauptvorteils von Dolby Atmos zu Hause, nämlich der Höhenkanäle, kommen, so ist ein neuer, Atmos-zertifizierter AV-Receiver/Verstärker Pflicht.
Entsprechende Geräte wurden heute von Denon, Marantz und Onkyo angekündigt – Pioneer bleibt vorerst außen vor, eventuell deshalb, weil ebenfalls heute der Verkauf der Home-AV-Sparte an Onkyo und den Hong-Kong-chinesischen Finanzinvestor „Baring Private Equity Asia“ bekanntgegeben wurde. Pioneer soll zwar als Marke weiterhin erhalten bleiben, allerdings soll es „Kompetenzsynergien“ mit Onkyo geben, weswegen man sich aktuell wohl noch mit neuen Produktankündigungen zurückhält.
Auch Yamaha schweigt sich aktuell diesbzgl. noch aus, spätestens zur IFA in Berlin darf man hier jedoch ebenfalls Neuigkeiten erwarten.
Die Preisspanne der heute angekündigten Onkyo-Geräte reicht dabei z.B. von 1899,- Euro für den 9.2-kanaligen TX-NR1030, über 2499,- Euro für den 11.2-kanaligen TX-NR303, bis hin zur 11.2-Vorstufe PR-SC5530. Die anderen genannten Hersteller haben für ihre Produkte noch keine Preise genannt – wohl aber, dass es für einige Geräte der aktuellen Modellgeneration Firmware-Updates mit Atmos-Support geben wird.

Was darüber hinaus noch kommen soll, sind spezielle Atmos-Erweiterungslautsprecher bestehender Speaker-Setups, entweder für die Decke, oder auch – für Umgebungen, in denen Deckenmontage nicht möglich ist, der Anwender aber dennoch nicht auf Sound von oben verzichten möchte – sog. „Lautsprecher-Zusatzmodule“, die auf bestehende Surroundlautsprecher eines 5.1-Setups aufgesetzt werden können und über eine Art virtuelle Sourround-Technologie den Eindruck von Deckenlautsprechern erzeugen sollen.
So oder so ist natürlich aber auch hierfür ein Atmos-Verstärker/Receiver erforderlich.

Noch zu früh für den Umstieg?

Bei aller Begeisterung dominiert allerdings aktuell selbst bei High-End-Heimkino-Enthusiasten noch die Skepsis, und dies aus den folgenden Gründen:

1) Echte Boliden-Receiver/Verstärker in der Preisklasse 3000,- Euro aufwärts (und dadurch mit entsprechend üppigen Leistungsreserven) finden sich bislang nicht in den Ankündigungslisten der Hersteller. Zurecht gibt die Enthusiastenfraktion zu bedenken, dass ein 11.2-Verstärker für 2400,- Euro wohl kaum über ähnliche Leistungs- (und damit Klang-) Reserven verfügen kann, wie ein 3500,- Euro-7.2-Verstärker

2) Für die 11.2-Vorstufe Onkyo PR-SC5530 gibt es aktuell lediglich eine passende 9.2-Endstufe, mit der der volle Ausbau des Lautsprechersetups mit 4 Deckenlautsprechern aber nicht realisierbar ist

3) Weder THX noch Audyssey berücksichtigen derzeit ein 9.2- oder gar 11.2-Speaker-Setup – hier dürfte aber ebenfalls zeitnah nachgebessert werden, was ebenfalls fürs Abwarten spricht

4) Konkurrent DTS arbeitet derzeit ebenfalls an einem 3D-Soundsystem, für das, sobald veröffentlicht und etabliert, ebenfalls wieder neue Receiver/Verstärker nötig sein könnten

5) Die Weiterentwicklung des Heimkinosounds unter enthusiastischen Aspekten sieht mit Dolby Atmos einmal mehr noch mehr Lautsprecher vor, der Massenmarkt hingegen entwickelt sich durch Soundbars und Sounddecks hingegen eher zu weniger Lautsprechern – im durchschnittlichen Wohnzimmer siegen halt meistens ästhetische Ansprüche über klangliche, weshalb Atmos & Co. wohl auch niemals zu Massenmarkt-Produkten für jedermann avancieren werden. Dies wird den wahren Enthusiasten allerdings natürlich nicht abhalten

6) Nicht in jedem Raum machen Deckenlautsprecher akustisch wie installationstechnisch Sinn

7) Auch 5.1- oder 7.1-Systeme werden, wie bereits im Kino und bei von Atmos downgesampelten Blu-ray-Tonspuren attestiert, mit Atmos-Soundtracks besser klingen als zuvor

Nichtsdestotrotz gibt ein neues Soundsystem, egal ob im Kino oder zu Hause, immer auch neue Impulse und Ideen und lässt das Herz eines jeden echten Heimkinofreaks höher schlagen.
Weitere Informationen folgen, sobald erhältlich!

 

Update:

Auch Yamaha hat nun für seine Aventage-Receiver-Topmodelle RX-A3040 und RX-A2040 für den Herbst Firmware-Updates mit Dolby Atmos-Support angekündigt.

Einen ersten Eindruck auf die Technologie der „virtuellen Deckenkanäle“ bekommt man auf Pioneers Internetseite, wo, neben nun ebenfalls angekündigten Atmos-Receivern,  Lautsprecher mit zusätzlich nach oben abstrahlenden Kalotten vorgestellt werden. Diese Speaker sind auch jeweils doppelt mit einem Atmos-Receiver/Verstärker zu verkabeln (1x für die Abstrahlung nach vorne, 1x für die nach oben).

Zudem gibt es offizielle neue Bezeichnungen für die Lautsprecher-Konfigurationen. Bisher sprach man von 5.1 und 7.1, bei Atmos nun kurzzeitig von 9.1 und 11.1. Dies präzisiert man nun bereits in den Bezeichnungen: 9.1 steht dabei für 7.1.2 (7 Vollfrequenz-Kanäle in der Horizontalen, 1 Subwoofer-Kanal, sowie 2 Deckenkanäle), 11.1 für 7.1.4 (7 Vollfrequenz-Kanäle in der Horizontalen, 1 Subwoofer-Kanal, 4 Deckenkanäle).

Außerdem gibt es neue Informationen zum technischen Background:
So setzt die Heimversion von Dolby Atmos de Facto auf Dolby True HD auf. True HD unterstützt laut technischem Datenblatt von Dolby aktuell bis zu 8 diskrete (also unabhängige) Kanäle (=7.1), prinzipiell jedoch bis zu 16 (also 15.1). Dies ist es also, was Dolby meint, wenn sie sagen „jeder Blu-ray Player, der zu 100% den Spezifikationen entspricht, ist Atmos-kompatibel“.
Auf künftigen Blu-ray Discs (und auch bei VOD-Anwendungen) werden also bis zu 15.1 diskrete Kanäle encodiert sein (aus dem objektbasierten Master-Track der Kinosound-Mischung), die dann wiederum im Player, Decoder oder Verstärker (je nach dem) auf 11.1, 9.1, 7.1, 5,1, 2.0 oder Mono herunterskaliert werden können, was Dolby Atmos zu 100% abwartskompatibel zu früheren, bestehenden Systemen macht. Erfolgt die Decodierung im Player, so werden per HDMI, nach wie vor, maximal 7.1 diskrete LPCM-Kanäle an den Verstärker/Receiver geschickt. Überlässt man Letzteren die Decodierung, so schickt der Player einen TrueHD-Datenstrom, der bis zu 15.1 diskrete Kanäle enthält. Will man allerdings mehr als 7.1 davon zu hören bekommen, so kommt man nicht um einen neuen, Atmos-tauglichen Receiver/Verstärker herum.
Dies bedeutet auch, dass ein solcher, der z.B. im 7.1-Modus betrieben wird, weil der Besitzer keine Deckenlautsprecher installieren möchte, exakt so klingen dürfte, wie ein qualitativ vergleichbarer True HD- (oder PCM-) 7.1 Verstärker/Receiver.
Durch die objektbasierte Soundabmischung werden sich aber auch auf „älteren“ Systemen bei der Wiedergabe eines Atmos-Soundtracks klangliche Verbesserungen einstellen – ganz wie schon im Kino.

Und wie bereits bei Dolby True HD und Dolby Digital Plus wird es auch bei Dolby Atmos sowohl verlustfrei („lossless“, z.B. für Ble-ray Discs), als auch (gerade für Video-On-Demand- oder TV-Anwendungen) verlustbehaftet (aber dafür „platzsparender“) komprimierte Versionen geben – je nach dem, was beim jeweiligen Einsatzzweck als wichtiger erachtet wird.

Aktuell gehen Gerüchte um, dass evtl. „Godzilla“ von Warner Bros. im Herbst eine der ersten, wenn nicht die erste  Blu-ray Disc mit Dolby Atmos-Tonspur sein könnte.

Unterm Strich klingt das alles extrem vielversprechend und ich habe heute bereits bei uns im Laden meine Arbeitskollegen (und natürlich vielen Kunden) mit drei Dolby Atmos-Trailern verblüfft, die zwar auf 2.0 Stereo downgemixt waren, jedoch auf einem 5.1-System sogar besser klangen, als so manche in 5.1 abgemischte Blu-ray Disc!